Zentrum Athen, Monastiraki-Platz, Foto @Griechenlandzeitung

Ikaria in Zeiten von Corona

Corona grassiert auch in Griechenland. Absolute Ausgangssperre. Die Angst, dass Corona Ikaria erreicht ist gross. Keine medizinische Versorgung. Der Slogan dieser Tage: Μένουμε σπίτι! (Ménume spíti) Wir bleiben zuhause!

Am 15. März bin ich mit meinen beiden Kindern von einem Kurztripp aus der Schweiz zurückgekehrt und aufgrund des Bewusstseins, dass wir unsere 96jährige Oma in Ikaria unbedingt schützen wollen, mit der ganzen Familie direkt in die freiwillige Quarantäne gegangen.

Was mich aber sehr erstaunte war, dass in Athen zu dem Zeitpunkt bereits eine Teils- Ausgangssperre galt, also vor den Supermärkten Nummernschildchen verteilt und im Abstand von zwei Metern, mit Maske und Handschuhen bewehrt, geduldig gewartet bis man einzeln eingelassen wurde. Während ein Tag zuvor in der Schweiz, wir wollten noch etwas Schokolade als Geschenke einkaufen, sich die Leute in den grossen Supermärkten zu hunderten um Mehl, Konserven und Klopapier rangelten. Sorry, ich finde leider keinen anderen Ausdruck, die Regale waren leergefegt und die Kunden sehr aufgebracht um nicht zu sagen aggressiv. Wir waren geschockt! Als wäre der Krieg ausgebrochen! Die Züge waren voll, die Läden auch.

Während in Griechenland die Schulen, Universitäten, Geschäfte, Restaurants und Bars schon seit dem 10. März geschlossen hatten, das öffentliche Leben weitgehend zum Stillstand gezwungen wurde und Athen, die 6-Millionenstadt die niemals schläft, längst gespenstisch leergefegt war.

Vorsicht

Wie das? Griechenland ist sehr vorsichtig, das muss man der Regierung zugutehalten, und hat sehr früh reagiert. Das hat auch seinen guten Grund: Griechenland hat gerade mal 500 Betten in Intensivstationen im ganzen Land und die Land- wie Inselregionen sind seit je her medizinisch total unterversorgt. Deshalb unterstütze ich ja seit Jahren das Krankenhaus von Ikaria mit meinen Spendenaktionen.

Nicht auszudenken was passiert, wenn das Corona Virus auf den abgelegenen Inseln oder in den Flüchtlingslagern um sich greift! Vorbeugung ist also die einzige Alternative. Der Slogan dieser Tage den man überall hört sieht und liest:

 

Μένουμε σπίτι! (Ménume spíti) Wir bleiben zuhause!

Wir hatten Glück und haben einen der letzten Flüge nach Hause erwischt. Meine Familie und ich sind am 16. März wohlbehalten in Ikaria angekommen und halten uns seither an die freiwillige Quarantäne, keine Kontakte nach außen, nur telefonisch oder per Skype, da wir unsere Oma weiterhin versorgen und sie vor einer Ansteckung schützen möchten.

Gute Freunde gehen nicht so schnell verloren, wir halten Kontakt, aber wir bleiben zuhause!

Wir haben in den Ländereien genug zu tun, die Kinder studieren online und mir persönlich bereitet die Quarantäne kein Unbehagen. Mir wird nie langweilig, im Gegenteil, jetzt ist endlich mal die Zeit, mich all jenem zu widmen, was ich schon immer wollte und eben nie Zeit dafür fand!

Ausgangssperre

Nach der Teils-Ausgangssperre hatten wir das Phänomen, dass plötzlich alle Parks und Platíen voller Menschen waren, die Strände und Wälder rund um Athen und Thessaloniki voller Spaziergänger. Alle versuchten den vier Wänden zu entkommen. An den Wochenenden strömten die Familien aus der Stadt zu Verwandten ins Dorf. Die Regierung befürchtete eine Verbreitung des Corona Virus auf die Inseln und den vollständigen Zusammenbruch der Medizinischen Versorgung. So passiert in zwei Dörfern in Nordgriechenland, welche inzwischen unter Totaler-Quarantäne stehen. Ein zweites Italien will man unter allen Umständen vermeiden.

Deshalb gilt seit dem 23. März die Absolute-Ausgangssperre. Industriebetriebe arbeiten mit großen Einschränkungen weiter, alles andere was geht per Home-Office. Das öffentliche Leben steht still. Ausgänge sind nur noch die absolut notwendigsten und mit besonderer Erlaubnis, die sich jeder online oder per SMS besorgen kann, zur Arbeit, zum Supermarkt, zur Apotheke, zur Bank oder zur Versorgung älterer Personen erlaubt, eine Stunde Sport im Freien alleine ist auch erlaubt. Mindestabstand 2 Meter gilt für alle überall. Busse, Züge, Taxi, Schiffe, alles nur noch mit Sondererlaubnis nutzbar, sofern sie überhaupt noch fahren. Eine Person pro Auto. Polizei, Feuerwehr, Hafenpolizei, alle Behörden kontrollieren rund um die Uhr, sogar Drohnen werden eingesetzt. Es wird an die Vernunft aller appelliert, Verstöße kosten!

Natürlich sind diese drastischen, nie gesehenen Maßnahmen zur Verlangsamung der Ausbreitung des Virus besonders in den Ballungszentren, den Millionenstädten gedacht. Aber sie werden auch hier im Dorf mit erstaunlicher Konsequenz eingehalten. Alle haben inzwischen eingesehen, dass sie zum eigenen und dem Schutz der Familie beitragen.

 

Verlust unserer Existenzgrundlage

Leider bedeuten diese Maßnahmen für uns aber mehr als nur einen Einschnitt in die persönliche Freiheit. Für uns ist das Corona Virus eine, noch eine, wirtschaftliche Krise. Unser Geschäft ist zwangsweise wie alle Geschäfte im Land geschlossen und wird es auch vorerst bleiben. Wir sind vom Tourismus abhängig und davon, unser Jahreseinkommen in den Monaten April bis Oktober einzunehmen und Rücklagen für die Wintermonate zu bilden. Wir sind momentan auf null gestellt, was uns natürlich sehr hart trifft und auch Angst macht. Für mich und meine Familie, für meinen Laden, meine Tanz-Gruppen, für die ganze Insel, vom Hotel, der Taverne, den Musikern bis zum Busfahrer bedeutet der komplette Einbruch des Tourismus den Verlust der Haupteinnahmequelle und damit der Existenzgrundlage.

10 Jahre Wirtschaftskrise haben das Land gebeutelt und endlich war ein kleiner Lichtschein am Ende des Tunnels auszumachen, und nun das! Wie groß das Ausmaß wirklich ist, können wir noch gar nicht einschätzen! Uns stehen finanziell, wieder einmal, schwierige Zeiten bevor. Niemand weiß, wann normales Leben und normale Reisetätigkeit wiederaufgenommen werden kann. Finanzielle Unterstützung durch den Staat gibt es leider keine. Wir wissen also nicht, wie es in den nächsten Monaten weitergehen soll.

Die Hoffnung nicht verlieren

Dennoch habe ich keine Angst vor der Zukunft. Ich richte meinen Fokus auf das Positive! Ich bin froh, dass wir, meine Familie und ich, alle bei bester Gesundheit sind! Ich habe ein Dach über dem Kopf. Draußen regnet`s gerade in Strömen. Ich bin am Trockenen und im Warmen. Ich habe genügend zu essen und sauberes Trinkwasser – alles Dinge sogar im 21. Jahrhundert und in Europa nicht selbstverständlich für alle!!!

Oft muss ich an die Flüchtlinge in den hoffnungslos überfüllten Lagern auf den Nachbarinseln oder in den Wäldern an der Grenze von Nordgriechenland denken!

Irgendwie werden wir auch die Zeiten des Corona überbrücken. Alternativen müssen gefunden werden. Es gibt immer einen Ausweg. In meinem Leben habe ich schon manche Krisen erlebt und überlebt und immer ging es irgendwie weiter. Wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren!

Tatsächlich sind Krisen immer Herausforderung und Chance in einem. Wir können sie nutzen zu reflektieren, Altes auszusortieren, Strukturen aufzubrechen und Neues zu wagen. Es bleibt zu hoffen, dass die Menschen durch die Corona-Krise entschleunigt werden und sich wieder auf die wirklich wichtigen Dinge im Leben besinnen. Dies hat in Ikaria Tradition und in den Ikaria Blue Zones schon über manche Krise hinweggeholfen.

Und auch die Letzten, die noch mit Verweigern oder Lebensmittelhorten beschäftigt sind, werden hoffentlich irgendwann aufwachen und verstehen, dass es nicht immer nur um sie selbst geht.

Egal wie man aktuell zu Corona steht und die weltweiten Massnahmen befürwortet oder nicht, das Corona Virus und seine Folgen werden uns alle noch eine Weile begleiten.

 

Μένουμε σπίτι! (Ménume spíti) Wir bleiben zuhause!

So schützten wir die andern, die Risikogruppen, unsere Mütter und Väter und unsere Großeltern und so unterstützten wir die Ärzte und das Pflegepersonal, welche für uns oft unter katastrophalen Bedingungen und mit Selbstaufopferung an vorderster Front kämpfen.

Bleibt wenn immer möglich zuhause, bleibt gesund und lasst euch nicht unterkriegen!

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