Als seit 20 Jahren enthusiastischer Schweizer-Fan der griechischen Musik, des Volkstanzes, aber auch der Geschichte, besuchte ich zum ersten mal im Jahre 2010 das Tanzseminar von Ursula Kastanias in Ikaria. Ich war so begeistert und voller Freude, dass ich heute Ikaria als ‚meine Insel in der Ägäis‘ auserkoren habe.

Im Jahr darauf kam ich wieder und da vernahm ich, dass die Abschlussklasse – wo Ursulas Tochter Selina Kastanias Mitschülerin war – ihre Abschlussreise womöglich nicht durchführen kann. Dies aus Geldmangel, was wir ja im übrigen Europa seit Monaten mitverfolgen können. Das gab mir sehr zu denken und mein Inneres war über diesen Sachverhalt äußerst aufgewühlt.

Ja wohin wollen sie denn, war meine Frage. Nach Kreta, aber das kann doch nicht wahr sein, dass Kinder aus Ikaria keine Reise nach Kreta unternehmen können! Einige Familien, so erfuhr ich, konnten den notwendigen Betrag nicht aufbringen und obwohl die Klasse wie in Ikaria üblich, verschiedene Anlässe mit Musik und Tanz und Tombolas zu Gunsten der Abschlussreise organisierte, konnte auch sie den fehlenden Betrag dieses Jahr partout nicht zusammenbringen.

Dies alles erfuhr ich, als im Spätherbst Ursula in der Schweiz weilte. Ich musste also handeln, d.h. ich habe Ursula beim Abschied ein Couvert mit dem ‚Nötigen‘ in die Hände gedrückt, mit der Bitte, ja dazu Sorge zu tragen, und sie solle es erst zu Hause in Ikaria öffnen.

Kurz darauf kam dann überraschend eine Einladung nach Ikaria zu kommen, zwischen Weihnachten 2011 und Neujahr 2012. Die Schule wolle zu Gunsten der Klassenkasse ein Fest organisieren und dazu sei ich herzlich eingeladen.

Wouw, das ist mir bis heute noch nie passiert!

Ich kenne inzwischen 21 Griechische Inseln in der Ägäis, Nord-Griechenland auf den Spuren Alexanders und den Peloponnes. Aber eine Griechische Insel im Winter, das war etwas Neues und Besonderes. Also, ich buchte meine Flüge. Ursula hatte für mich in Rahes ein Zimmer-Appartement gemietet und am 25. Dezember 2011 landete ich in dann Ikaria. Mein Mietwagen stand bereit und so fuhr ich quer über die winterliche Insel nach Rahes.

Ich durfte in diesen Tagen Griechenland von einer ganz anderen Seite kennen lernen, das echte Griechenland, nicht das von der Hotelterrasse aus. Es waren einmalige Erlebnisse! So startete dann das Schulfest am 29. Dezember mit Speis und Trank, alles von den Kindern und Müttern zubereitet. Selbstverständlich gab es eine Live-Musik, also auf zum Tanz! Da hielt mich natürlich nichts mehr! Als Ausländer, und dann noch aus Elvetia, tanzte ich mit einer Begeisterung mit, dies zur offensichtlichen Freude der Anwesenden. Ich fühlte mich ganz herzlich willkommen an diesem Anlass. Nie mehr werde ich vergessen, als eine Schulmutter mich fast umarmte und mir für die Spende dankte. Leider kann ich bis heute nicht Griechisch, aber ich verstand alles was sie mir sagte, musste ihr nur in die Augen schauen. Ursula hat es dann anschließend für mich ‚übersetzt‘. Es wurde ziemlich spät, resp. früh. Einmalig und unvergesslich!!!

Der absolute Höhepunkt war dann am 31. Dezember. In Rahes ist es Brauch, dass die Schüler von Haus zu Haus gehen und dort Neujahrslieder singen und gute Wünsche fürs Neue Jahr aussprechen, im Gegenzug erhalten sie in jedem Haus Süßes und etwas Geld für ihre Klassenkasse eben. Wir kennen in der Schweiz   etwas Ähnliches – bei uns nennen wir das ‚Sternsingen‘. Es regnete in Strömen, ja sintflutartig, da rief mich Ursula an und meldete, dass die Schüler zu mir in mein kleines Heim kommen um für mich zu singen und mir ein gutes neues Jahr zu wünschen! Ich war total überrascht. Zum Glück hatte ich im Kamin ein gutes Feuer brennen, so dass die nassen Gestalten sich ein wenig trocknen und wärmen konnten. 8 Schüler und Schülerinnen sangen für mich in ‚meiner Stube‘ 4 Lieder mit Musikbegleitung, ich musst mit den Tränen kämpfen. Ursula hatte mir zum vornherein das Couvert wieder in die Hände gedrückt und mir gesagt: ,,Du kannst es ihnen dann persönlich übergeben, dann wissen sie von wem es kommt.“Ich habe dann noch einige Worte dazu geschrieben, was durch Selina ins Griechische übersetzt wurde. Ich war einfach überwältigt von diesem Erlebnis!

So durfte ich einen Teil für ihre Kreta-Abschlussreise möglich machen. Anlässlich des Tanzseminars im Mai dieses Jahres hat mir dann Selina ein Präsent und Geschenk aus Kreta, das die Klasse für mich als Erinnerung und Dank gekauft hatte, überreicht, was mich natürlich sehr gefreut hat.

Was mich aus dieser Geschichte ebenfalls freut, ist die Freundschaft die sich mit Ursula und Ihrer Familie ergeben hat. Ist es Schicksal? Ist es Zufall? Wenn man das Wort Zufall trennt, dann heißt es ja Zu-Fall, das heißt, es wird einem etwas zufallen, resp. geschenkt. Und alles das erleben zu dürfen ist für mich wirklich ein großes Geschenk und ich bin dankbar, dass ich im 2010, fast wie Ikarus in Ikaria, nicht abstürzen, aber gut habe landen dürfen.

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